Bundesliga
Irres Tor-Festival! St. Pauli holt ersten Heidenheim-Dreier
Der FC St. Pauli hat ein irres Tor-Festival beim 1. FC Heidenheim für sich entschieden. Auf der Ostalb gewannen die Kiezkicker mit 4:3 gegen bis dato über 22 Heimspiele ungeschlagene FCH-Kicker. Rodrigo Zalazar schoss die Hamburger drei Minuten vor dem Ende zum Auswärtserfolg.
Großes Wirrwarr bereits vor dem Anpfiff: St. Pauli-Cheftrainer Timo Schultz wachte am Morgen mit Schmerzen in der Nierengegend auf, begab sich deshalb noch vor dem Spiel in ein Krankenhaus. Der Verdacht auf eine Nierenkolik bestand. Doch Schultz wollte unbedingt sein Team beim Auswärtsspiel in Heidenheim begleiten und war unter Einnahme von Schmerzmitteln dann auch an der Seitenlinie. Personell stellten die Kiezkicker im Vergleich zur 2:3-Heimpleite gegen den VfL Bochum auf gleich drei Positionen um. James Lawrence und Luca Zander rückten für Adam Dzwigala und Daniel Buballa in die Startelf, zudem ersetzte Neuzugang Eric Smith Rico Benatelli auf der Sechs. Trotz des turbulenten Vormittags erwischten die Hamburger dann aber einen Auftakt nach Maß in der Fremde. Daniel-Kofi Kyereh brachte das Leder von der rechten Außenbahn auf den zweiten Pfosten, dort verschaffte sich Guido Burgstaller Platz und drückte den Ball aus spitzem Winkel über die Linie (3.). Es war bereits der zweite Torschuss der Kiezkicker, Heidenheim fand von Beginn an nicht richtig ins Spiel. Die Hausherren brauchten fast eine Viertelstunde und schlugen dann aber direkt zurück. Nach einem Eckball von links schraubte sich Neuzugang Tim Kleindienst am Fünfmeterraum in die Luft und nickte die Pille aus kurzer Distanz zum Ausgleich ein (15.). Wenige Augenblicke zuvor hatte Omar Marmoush auf der Gegenseite eine dicke Gelegenheit vergeben, allerdings war auch die Fahne des Assistenten auch hoch gegangen.
Kyereh netzt frech per Freistoß – Kühlwetter schockt St. Pauli
Völlig verunsichert von dem Ausgleich gerieten die Hamburger in der Folge vor allem in der eigenen Defensive ins Schwimmen. Die Standards der Schmidt-Elf stellten die Boys in Brown immer wieder vor Probleme. Aus der zweiten Reihe versuchte nur kurz nach dem 1:1 Kevin Sessa sein Glück, scheiterte aber an einer guten Parade von Dejan Stojanovic. Wie schon die Hausherren brauchten auch die Gäste eine knappe Viertelstunde, ehe sich offensiv erneut gefährlich wurden. Dann bekamen die Schultz-Kicker direkt an der Sechzehnerkante einen Freistoß zugesprochen, den sich Kyereh zurechtlegte. Mit einem Flachschuss unter der Mauer hindurch versenkte der 24-Jährige den Ball in der rechten unteren Ecke (30.). Die erneute Führung für die Kiezkicker. In der Folge flachte das Niveau der Begegnung etwas ab und Torchancen auf beiden Seiten wurden deutlich weniger. Das änderte sich auch bis zum Pausentee nicht, weshalb es mit einer 2:1-Führung für die Hamburger zurück in die Kabinen ging. Die Hausherren tauschten zur Pause doppelt. Jan Schöppner kam für Andreas Geipl und Florian Pick ersetzte Dennis Thomalla (46.). Den besseren Start in den zweiten Durchgang erwischten die Heidenheimer dann ebenfalls. Kevin Sesser steckte das Leder in den Lauf für Christian Kühlwetter durch, der vor Stojanovic eiskalt blieb und das Spielgerät per leichtem Chip in die lange Ecke legte (48.). Der erneute Ausgleich.
Becker beendet eigenen Tor-Fluch – Kleindienst erneut zur Stelle
Doch wie im ersten Durchgang Heidenheim ließen sich nun auch die Kiezkicker nicht vom Tor des Gegners beeindrucken und hätten nahezu im Gegenzug beinahe zurückgeschlagen. Burgstaller kam keine 120 Sekunden nach dem 2:2 auf der Gegenseite zum Abschluss, scheiterte aber an Heidenheim-Schlussmann Müller (50.). Kiezkicker-Coach Schultz reagierte auf das Remis und brachte Afeez Aremu für Neuzugang Smith in die Partie, der über seine knappe Stunde Spielzeit ohne größere Akzente blieb (59.). Akzente setzten in der Folge wieder die Hamburger, die etwas mehr als eine Viertelstunde vor dem Ende einen Angriff wunderbar vollendeten. Leart Paqarada flankte die Kugel aus dem linken Halbfeld in den Strafraum, wo Burgstaller den Ball mit dem Schultergelenk zu Finn-Ole Becker weiterleitete. Der Youngster nahm das Leder direkt aus der Luft, der Ball sprang kurz vor dem Tor noch einmal auf und schlug dann in der linken unteren Ecke ein (72.). Die Schultz-Elf hatte das Spiel wieder auf seine Seite gezogen. Es war der erste Treffer von Becker seit dem 29.09.2019. Im Anschluss an das 3:2 tauschten die Hamburger dann erneut. Igor Matanovic ersetzte Burgstaller, Dzwigala ersetzte Zander (75.). Lange hielt die erneute Führung der Hamburger aber nicht an. Nur wenige Augenblicke nach später meldeten sich die Heidenheimer zurück. Erneut war Tim Kleindienst zur Stelle, der nach einer flachen Hereingabe am zweiten Pfosten zum 3:3 vollstreckte (77.). Ein irres Fußballspiel nahm damit weiterhin seinen Lauf.
Zalazar wird zum Helden und St. Pauli feiert den ersten FCH-Sieg
So auch was die Auswechselungen anging, denn nach dem 3:3 tauschte Schultz erneut. Daniel Buballa und Maximilian Dittgen kamen für Marmoush und Paqarada ins Spiel (82.). Doch die vielen Wechsel sollten sich aus Sicht der Kiezkicker auszahlen, wenn auch erst 180 Sekunden vor dem Ende der offiziellen Spielzeit. Dann wurde Rodrigo Zalazar im Strafraum der Hausherren bedient, kam aus spitzem Winkel zum Abschluss und legte das Leder zwischen Müller und Pfosten zum 4:3 für die Hamburger in die Maschen (87.). Der absolute Höhepunkt aus St. Pauli-Sicht in einem irren Tor-Festival an der Ostalb. Fünf Minuten Nachspielzeit mussten die Kiezkicker in der Folge noch überstehen, bis zu den ersten Punkten überhaupt in Heidenheim. Sechs Spiele in Folge beim FCH hatten die Boys in Brown verloren.
Zeitgleich beendeten die Hamburger auch die lange Serie der Schmidt-Elf von 22 Heimspielen ohne Niederlage, die mit einem weiteren Punkt gegen die Kiezkicker den bisherigen Rekord von Fortuna Düsseldorf eingestellt hätten. Am Ende blieb dies aber alles Makulatur, denn die Schultz-Truppe rettete den knappen 4:3-Sieg über die Zeit. Dieser bescherte den Hamburgern vorzeitig sogar den 15. Platz. „Wir sind alle kaputt, aber auch glücklich. Es war kein normales Spiel, sondern eines der intensivsten Spiele, die ich persönlich gespielt habe. Wir haben uns gegenseitig gepusht und waren füreinander da“, freute sich Daniel-Kofi Kyereh über den Sieg. Am kommenden Freitagabend empfängt St. Pauli Sandhausen.