Bundesliga
Brunst’s „unbeschreiblicher“ Abend
„Meine Mutter macht hier immer noch Fahrdienst“, erzählte ein überglücklicher Alexander Brunst nach dem Last-Minute-Sieg seines 1. FC Magdeburg beim Hamburger SV. Der ehemalige Torwart der HSV-Reserve erlebte am Montagabend eine denkwürdige Rückkehr an die alte Wirkungsstätte.
Der Jubel kannte beim 1. FC Magdeburg keine Grenzen, als Philip Türpitz in der vierten Minute der Nachspielzeit den Ball in die Maschen drosch. Der FCM hatte beim großen Hamburger SV mit der letzten Aktion des Spiels einen 0:1-Rückstand in einen 2:1-Sieg gedreht – und damit Big Points im Abstiegskampf der zweiten Liga gelandet. Besonders war die Begegnung vor allem für Magdeburg-Torwart Alexander Brunst. „Meine Mutter macht hier immer noch Fahrdienst“, erklärte der Keeper, der bis 2015 alle Jugendmannschaften des HSV durchlief, nach Abpfiff mit einem Grinsen, das nicht breiter hätte sein können. 19-mal hatte der aus Neumünster stammende Schlussmann bei den HSV-Profis auf der Bank Platz nehmen dürfen. 25-mal lief er für die HSV-Amateure in der Regionalliga Nord auf. Dass Brunst gegen seine alte Liebe überhaupt auflaufen durfte, war dem kurzfristigen Ausfall von Stammtorwart Giorgi Loria geschuldet. „Ich hatte zwei Optionen. Entweder bin ich bockig und versinke in einem Loch, oder ich gebe weiter Vollgas“, beschrieb der Keeper über den Umgang mit seiner Reservisten-Rolle. Die fehlende Spielpraxis war dem 23-Jährigen aber nicht anzumerken. Nach 13 Minuten war er direkt gefordert, als Lewis Holtby vor dem Magdeburger Tor auftauchte, Brunst den Schuss des Hamburgers im Nachfassen sichern konnte. In der Folge hatte der Torwart aber nicht viel Arbeit zu verrichten. Magdeburg versteckte sich nicht, spielte attraktiven Offensiv-Fußball. So erzielte Felix Lohkemper auf Zuspiel von Marius Bülter den 1:0-Führungstreffer, welcher aber vom Schiedsrichtergespann aufgrund einer Abseitsposition aberkannt wurde. Im Gegenzug musste Brunst allerdings hinter sich greifen. Eine Freistoß-Hereingabe konnte von der FCM-Defensive nur unzureichend geklärt werden. Die Kugel sprang in die Füße von Bakery Jatta, der den Ball aus fünfzehn Metern trocken im linken Eck unterbrachte. Keine Abwehrchance für den Magdeburger Schlussmann (31.). Die Gäste zeigten sich aber nicht geschockt. Vor dem Halbzeitpfiff hatten Philip Türpitz und Felix Lohkemper Torchancen, doch verpassten, frühzeitig den Ausgleich zu markieren.
Nach der Pause nahm der Druck des HSV zu. Pierre-Michel Lasogga kam vor dem Tor im Zweikampf mit Dennis Erdmann zu Fall. Schiedsrichter Bastian Dankert entschied nach Absprache mit seinem Assistenten, nicht auf den Punkt zu zeigen. Beim stattdessen gegebenen Eckball hätte Van Drongelen die Führung fast ausgebaut. Den Kopfball des Innenverteidigers konnte Brunst noch aus dem langen Eck kratzen. Hamburgs mangelnde Chancenverwertung sollte sich kurz darauf rächen. Nachdem der HSV-Abwehr die Zuordnung fehlte, lief Bülter frei auf Pollersbeck zu und brachte das Spielgerät sicher im Tor unter (60.). Wenig später hätte Lasogga den alten Zwischenstand wiederherstellen können. Seinen Abschluss aus spitzem Winkel konnte Brunst mit der Brust abwehren. Eine kleine Schrecksekunde für den Torwart, der anschließend kurz behandelt werden musste. „Das tat schon ordentlich weh. Aber mit all dem Adrenalin spürt man das danach nicht mehr. In solchen Momenten macht man einfach weiter“, beschrieb der Torwart die Situation. In der Folge kam vom HSV nicht viel. Die erwartete Schluss-Offensive des Aufstiegsaspiranten blieb komplett aus. So sollte den Gästen tatsächlich noch der Lucky-Punch gelingen. Nach einer Freistoß-Flanke schaltete Türpitz im Strafraum am schnellsten und versenkte die Kugel sicher im Hamburger Tor (90.+4).Grenzenloser Jubel beim gesamten Team. Alexander Brunst hatte wohl aber noch ein Stück mehr zu lachen als seine Mitspieler. „Das sind die Geschichten, die der Fußball schreibt. Das ist schon verrückt, dass alles an einem Tag wie heute so zusammenkommt. Ich kann das gar nicht beschreiben“, erzählte der Torwart überglücklich. Bei seiner alten Wirkungsstätte wird er gerne wieder vorbeischauen – wenn es nach Brunst geht, dann demnächst als Magdeburgs Nummer Eins.
Foto: KBS-Picture